Von Shanghai nach Weinheim: Ingrid Noll

Shownotes

Sie ist 87 Jahre alt, lebt allein und schreibt unverdrossen Krimis. Mit Erfolg. Sie gehört zu den erfolgreichsten Krimiautoren der Gegenwart. Genauso spannend ist ihre Lebensgeschichte: In Shanghai ist sie geboren und als Jugendliche flüchtete sie mit ihrer Familie mit dem letzten Schiff nach Deutschland. Im Gespräch erzählt Ingrid Noll vom exotischen Leben in China, von ihrer Erziehung in einem deutschen, katholischen Mädcheninternat – und wie sie zum Schreiben kam: die persönliche Geschichte von Ingrid Noll.

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00:00:00: * Musik *

00:00:03: Jetzt hast du geschafft. - Ja, jetzt hab ich es geschafft.

00:00:18: Ich bin gelogen.

00:00:20: Hat es dir einigermaßen geklappt? - Es hat geklappt, Beyer.

00:00:25: Weißen Sie alles hierhin? - Ja, super.

00:00:27: Ich habe ein paar Luxemburgerlimi gebracht.

00:00:30: Danke schön für die Luxemburgerlid.

00:00:35: Ja, mit Alkohol. - Wunderbar.

00:00:39: Ganz klar.

00:00:41: Sie ist eine der bekanntesten Krimiautorinnen, ihre Bücher.

00:00:52: Man kann es gar nicht anders sagen.

00:00:54: Möchtest du einem es dir vergnügen?

00:00:57: Wenn jemand stirbt, ist man froh.

00:01:00: Die Ingrid Noll.

00:01:02: Und ihre Lebensgeschichte klingt wie ein Abenteur-Roman.

00:01:05: Das ist der Lebensklang mit mir, Danila Hoviller.

00:01:08: Nach einer sehr langen Reise auf Deutschland

00:01:12: komme ich endlich an bei ihr.

00:01:14: Es ist heimlich bei den Ingrid Noll zu Hause.

00:01:17: Ein kleines Knusperhäuschen.

00:01:19: Volle Winkel mit Geheimnis, Bilder aus Shanghai,

00:01:22: Wase, Teppich.

00:01:24: Der Blick von Ingrid Noll ist sehr genau.

00:01:28: Sie hat blaue Augen, die einem ganz genau mustern.

00:01:31: Dann tauchen wir zusammen ein.

00:01:34: Es geht zurück ins Jahr 1935.

00:01:38: In Shanghai sind Sie geboren.

00:01:45: Haben Sie da noch Erinnerungen?

00:01:47: An meinem Geburt habe ich wahrscheinlich keine Erinnerung.

00:01:50: Ich hörte nur, dass es alles ganz glatt gegangen ist.

00:01:53: Mein Vater war ja Arzt.

00:01:55: Er hat die Geburt von uns Kindern immer auf einen Sonntag gelegt.

00:01:59: Ich und meine Geschwister sind alle Sonntagskinder.

00:02:02: In welche Reihe von Glück sind Sie?

00:02:05: Ich bin Nummer 2.

00:02:07: Zuerst kam ein Junge und dann kamen drei Töchter.

00:02:10: Also meine jüngeren Schwestern.

00:02:13: Wie kam es, dass Sie ihn schon heim waren?

00:02:16: Ich kann wieder gar nichts dafür.

00:02:19: Als mein Vater ein junger Arzt war,

00:02:22: hatte er noch mal eine Zusatzausbildung in Genf in der Schweiz.

00:02:25: Er wies sich später auch als gut,

00:02:28: dass er gut Französisch gelernt hat.

00:02:31: Na jedenfalls lernte er aber dort auch

00:02:34: einen chinesischen Kollegen kennen.

00:02:37: Der sagte, komm noch mit nach China.

00:02:40: Das war ein 20er-Jahr noch im letzten Jahrhundert.

00:02:43: Wir brauchen unbedingt auch westliche Ärzte.

00:02:46: Wir haben nur unsere traditionelle Medizin.

00:02:49: Wir wollen jetzt moderner werden.

00:02:52: In Deutschland war damals, nach dem Ersten Weltkrieg,

00:02:55: keine besonders gute Zeit.

00:02:57: Meine Mutter war recht abenteuerlustig.

00:03:00: Sie war frisch verheiratet.

00:03:02: Er sagte, klar, das können wir doch machen.

00:03:05: Mein Vater ging erst mal mit diesem Kollegen mit.

00:03:08: Er wies sich aber als Flop.

00:03:11: Er hatte nicht mehr mit versorgen.

00:03:14: Er konnte kein Chinesisch.

00:03:17: Die Chinesen haben ihn völlig abgelehnt.

00:03:20: Da kam eine fremde Langnase mit seltsamen Apparaten.

00:03:23: Sie wollten lieber einen Hans lachten.

00:03:26: Das Blut auf die Stirn tropfen lassen.

00:03:29: Oder irgendwelche alternativen Methoden,

00:03:32: die man heute wieder schätzt.

00:03:35: Aber zu dieser Zeit war es rückständig.

00:03:38: Er war nicht ankommen bei seinen Patienten.

00:03:41: Er ging zurück vom Land nach Shanghai.

00:03:44: In die große Hafenstadt.

00:03:47: In der internationalen Publikum.

00:03:50: Er hat dort eine Parklisse eröffnet.

00:03:53: Er war natürlich nur klein.

00:03:56: Mit Matrosen.

00:03:59: Den norwegischen Seeleute.

00:04:02: Er war sein erster Patient.

00:04:05: Er war dann bekannt.

00:04:08: Er hatte auch chinesische Regierungsmitglieder.

00:04:11: Er hatte den Finanzminister.

00:04:14: Er hatte Erfolg.

00:04:17: Er hatte Erfolg als Chirurg.

00:04:20: Er fand das alles schön.

00:04:23: Er hatte immer vor, wieder zurück nach Deutschland zu kommen.

00:04:26: Er dachte, wenn wir gut verdient haben,

00:04:29: dann machen wir in Deutschland wieder eine Praxis auf.

00:04:32: Er hatte auch 38 Jahre zurück nach Deutschland.

00:04:35: Er hatte dann aber voller Entsetzen gesehen.

00:04:38: Er hatte das jüdische Freund verschwanden.

00:04:41: Er hatte das Nazi an die Macht.

00:04:44: Er sah es nach Krieg aus.

00:04:47: Bevor der Krieg ausbrach,

00:04:50: der Zweite Weltkrieg,

00:04:53: sind sie in letzter Minute wieder mit der Sibirischen Eisenbahn.

00:04:56: Er hat vier kleine Kinder wieder zurück nach China.

00:04:59: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:02: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:05: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:08: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:11: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:14: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:17: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:20: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:23: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:26: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:29: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:32: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:35: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:38: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:41: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:44: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:47: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:50: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:53: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:56: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:05:59: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:02: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:05: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:08: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:11: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:14: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:17: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:20: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:23: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:26: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:29: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:32: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:35: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:38: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:41: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:44: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:47: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:50: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:53: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:56: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:06:59: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:02: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:05: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:08: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:11: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:14: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:17: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:20: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:23: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:26: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:29: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:32: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:35: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:38: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:41: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:44: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:47: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:50: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:53: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:56: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:07:59: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:08:02: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:08:05: Er hat die Sibirischen Eisenbahn in Deutschland begonnen.

00:08:08: Das war sehr schade eigentlich.

00:08:10: Ich wünschte mir nichts mehr als eine Freundin.

00:08:13: Ich hatte zwar die beiden Schwestern im Alter nah dran,

00:08:16: aber man will ja was eignen.

00:08:18: Ganz für sich eine Freundin.

00:08:20: Und das war meine große Sehnsucht.

00:08:22: Aber das gab es nicht für Sie?

00:08:24: Es gab es lange nicht.

00:08:26: Erst dann in Deutschland hatte ich ...

00:08:28: d.h. nach hier kamen wir wieder nach Schlangheif.

00:08:31: Und da hatte ich dann eine deutsche Freundin.

00:08:34: (Dynamische Musik)

00:08:36: Haben Sie damals auch schon angefangen zu schreiben?

00:08:56: Ja, ich habe als kleines Mädchen sofort angefangen zu schreiben.

00:09:00: Kaum konnte ich schreiben.

00:09:02: Ich fand das eine magische Sache,

00:09:04: dass man Buchstaben auf das Papier bringt.

00:09:07: Also schon mit sechs Jahren fand ich es toll.

00:09:10: Da steht mein Name und jemand anderes liest es und sagt,

00:09:13: das bist du, nicht?

00:09:15: Ich fand dich zauberhaft wunderschön.

00:09:17: Und fing schon früh an, winzige Geschichten zu schreiben,

00:09:20: was alle kleinen Mädchen machen.

00:09:22: Also wie so Peter und Irmel gingen in den Wald oder so.

00:09:25: Aber keinem Kennmort oder so was?

00:09:27: Nein, ganzartige winzige Geschichten, eine Seite lang.

00:09:30: (Lachen)

00:09:32: Meine Enkelin hat das ganz ähnlich gemacht,

00:09:34: wie sie klein war.

00:09:36: Und dann das ist ein altes Heft.

00:09:38: Und das ist dann mein Buch.

00:09:40: Das habe ich geschrieben.

00:09:42: Und dann malt man noch schöne Bildchen rein.

00:09:44: Ich glaube, das machen wirklich ganz, ganz viele kleine Mädchen.

00:09:47: Also das war jetzt keine Meisterleistung,

00:09:49: sondern einfach nur Freude dran.

00:09:51: Ich wollte es aber auch nicht das andere, das sehen.

00:09:54: Ich fand es sehr peinlich, dass sie dann sagen, süß, süß, niedlich.

00:09:57: Das wollte ich auch wieder nicht.

00:09:59: Also dann sind sie so da in Shanghai oder China so relativ behütet,

00:10:04: aufgewachsen, also quasi in ihrer Familie, Homeschooling,

00:10:08: abgeschottet, so quasi?

00:10:10: Auf eine Weise ziemlich abgeschottet, auf andere Weise wiederum.

00:10:14: Samann zum Beispiel die letzten zwei Jahre in Shanghai.

00:10:17: Wenn man da mit dem Fahrrad rumfuhr, man sah tote Menschen.

00:10:21: Auf der Straße waren einfach Bettler, die erfroren sind im Winter.

00:10:25: Und da einfach lagen.

00:10:27: Dann kam die Müllabfuhr, hat die auf ein Lkw so aufgeschmissen

00:10:31: und abtransportiert.

00:10:33: Ja, sowas sah ich eigentlich öfter.

00:10:36: Oder ganz arme Menschen, Bettler, wie man sie hier in dieser Armut gar nicht sieht.

00:10:40: Sie hat ja immer verfolgten und anfassten und bettelten.

00:10:44: Und man musste mich mit Gewalt sich wieder losmachen.

00:10:48: Also sehr viel Armut und Elend habe ich auch gesehen.

00:10:51: Und das tat weh.

00:10:53: Das ist ja auch schon für ein Kind was ganz Schlimmes.

00:10:57: War sie mit ihren Eltern darüber gesprochen?

00:11:00: Natürlich.

00:11:02: Und auch meinen Eltern gingen das nah.

00:11:04: Aber natürlich kann man nicht das ganze Elend dieser Welt,

00:11:07: kann man nicht sehr ändern.

00:11:09: Die, die man gut kennt, die kann man unterstützen.

00:11:11: Aber wenn das Massen sind, geht es ja nicht.

00:11:14: Wie weit sonst hat sie diese Zeit in China geprägt,

00:11:18: diese Anfangszeit?

00:11:21: Es war vielleicht nicht so sehr chinesisch,

00:11:24: aber es war eben gar nicht deutsch.

00:11:27: Es hätte auch so sein können, wenn ich meint,

00:11:29: wegen in Südamerika aufgewachsen wäre oder in Südafrika oder wo auch immer.

00:11:33: Es war anders.

00:11:36: Ich hatte viel mehr Zeit für mich.

00:11:39: Und zum Fantasieren, zum Spielen mit meinen Geschwistern,

00:11:42: wir haben uns wilde Geschichten ausgedacht.

00:11:45: Also die Fantasie hatte viel Platz.

00:11:48: Ich habe viel gelesen.

00:11:50: Alles, was im Bücherstand meiner Eltern war, das habe ich gelesen.

00:11:53: Und moderne Kinderbücher hatten wir ja fast gar nicht.

00:11:56: Woher?

00:11:58: Es waren Second Tent-Sachen,

00:12:00: die man von anderen Familien vielleicht kaufen konnte.

00:12:03: Auch das Spielzeug war Second Tent.

00:12:06: Und mein Lieblingsbuch war übrigens wieder etwas aus der Schweiz, das Heidi.

00:12:11: Konnten Sie ein Bild von den Bergen und dem Alpö in dem Heidi machen?

00:12:17: Ich habe sogar einen von diesen Büchern,

00:12:20: das ich geschrieben habe, spielte in den Schweizer Bergen.

00:12:24: Das habe ich da angesiedelt.

00:12:26: Und wie ich mir das so vorstellte.

00:12:29: Und zwar so ein Gemisch aus allem, was ich von Europa mir so vorstellte.

00:12:33: Ich hatte ja auch von Deutschland so eine Vorstellung

00:12:36: mit Kuckucks, Ohren und Fachwerkhäuschen.

00:12:39: Und da kam dann später die Enttäuschung.

00:12:42: Als man dann nach dem Krieg 49 war, alles zerstört.

00:12:46: Und große Armut und nichts chinesischer Koch.

00:12:50: Sondern es gab Lebensmittelmarken usw.

00:12:53: Aber ich hatte so ein Bilderbuch Deutschland.

00:12:56: Und die Schweiz und Österreich und ganz Europa war so ein Klumpen von Romantik.

00:13:02: Konnten Sie damals schon etwas wie Heimweh?

00:13:05: Also Heidi ist ja Heimweh.

00:13:07: Ich sagte mal zu meiner Mutter, ich habe so Heimweh.

00:13:10: Und dann sagte meine Mutter, ja, du kennst es doch gar nicht.

00:13:13: Dann kann man gar nicht Heimweh haben.

00:13:15: Aber das Wort fand ich auch so toll. Heimweh.

00:13:19: 1949 heißt das, sind Sie mit dem letzten Schiff zurück nach Europa.

00:13:41: Was heißt das? Was ist da passiert?

00:13:43: Die Kommunisten sind einmaliert in Langhai und überhaupt überall.

00:13:48: Und man wusste nicht, was passiert.

00:13:51: Wären die Europäer nun enteignet oder alle Ausländler?

00:13:55: Oder was passiert sonst?

00:13:57: Also man wusste gar nicht, wie die Zukunft aussieht.

00:14:00: Meine Eltern wollten nicht unbedingt nach Deutschland zurück,

00:14:03: obwohl sie natürlich ihre Eltern wiedersehen wollten.

00:14:06: Alten Opa und Oma usw. oder Geschwister.

00:14:09: Aber sie wollten trotzdem lieber nach USA.

00:14:15: Und da konnte das nicht gehen,

00:14:17: weil mein Vater nochmal Examen hätte machen müssen.

00:14:20: Also sein deutliches Staatsexamen wäre nicht anerkannt worden.

00:14:24: Die zweite Option war Australien.

00:14:26: Und das ging auch nicht.

00:14:28: Da musste man Bürgen haben, die erstmal garantieren,

00:14:31: dass man dort leben kann und Geld hat usw.

00:14:35: Ging auch nicht.

00:14:36: Und dann ging eben noch ein Seelenverkäufer ein letztes kleines Hiff.

00:14:40: Sie haben sich also ganz zuletzt erst entschieden.

00:14:43: Und das war völlig überfüllt und auch leicht kriminell.

00:14:47: Es wurde nämlich an verschiedenen Häfen verhaftet,

00:14:50: weil die vorher ihre Hafengebühren nicht bezahlt hatten.

00:14:53: Es war also eine ganz abenteuerliche Reise.

00:14:55: Und es war mir schlecht, wenn noch was.

00:14:57: Denn das war nicht richtig sehtüchtig.

00:14:59: Es war mir wie so ein Reinkahn,

00:15:01: ein überfülltes und eine dreckliche Reise.

00:15:04: Und dann kamen wir erstmal in ein Lager.

00:15:07: Weil meine Eltern nicht die richtigen Papiere hatten.

00:15:11: Und man musste erstmal nachweisen,

00:15:13: wohin man in das zerstörte Deutschland kommen konnte.

00:15:16: Dann kamen wir in ein Lager mit Juden zusammen,

00:15:20: die ausgewandert sind aus China und nach Palästina wollten,

00:15:23: aber auch keine Papiere hatten.

00:15:25: Und waren erst in Turin und dann in Rom in einem Lager.

00:15:29: Insgesamt nochmal drei, vier Monate, glaube ich.

00:15:32: Und dann endlich kamen wir nach Deutschland zu einem Onkel,

00:15:35: der uns erstmal aufgenommen hatte.

00:15:37: Die hatten aber, waren auch geflüchtet aus dem Osten.

00:15:40: Und hatten drei Zimmer zu sechs Personen für Kinder.

00:15:45: Und dann kamen wir dazu, das bedeutete,

00:15:48: dass wir Kinder im Zelt, im Garten schlafen mussten erstmal.

00:15:52: Das aber Sommer war, war das sehr schön.

00:15:56: Und wir mussten auch nicht gleich in die Schule.

00:15:58: Denn die Sommerferien standen kurz bevor.

00:16:01: Und da hieß es, das lohnt sich nicht mehr erst nach,

00:16:04: den Sommerferienmüllste in die Schule.

00:16:06: Und da mein Onkel Lehrer war in dieser Schule,

00:16:08: waren wir also in dem Schulgarten,

00:16:10: der direkt an dem Schulhof grenzte und lag im Zelt.

00:16:14: Und konnten da immer gucken, wie die anderen in die Schule mussten.

00:16:17: Und wir dann noch im Zelt auf dem Ohr lagen.

00:16:21: Und wo war das in der Herstadt?

00:16:24: Das war eine Kleinstadt, die heißt Korbach, in Nordhessen.

00:16:29: Also in der Nähe von Kassel könnte man sagen.

00:16:33: Aber es ist ja sehr abenteuerlich

00:16:35: und auch im Angesicht von der heutigen Geschichte,

00:16:38: die Kommunisten, die nach China gekommen sind,

00:16:41: dann sie mit dem Schiff in einer mörderischen Vater übers Meer.

00:16:44: Verknüpfen Sie das heute mit den Ereignissen?

00:16:47: Ich habe sehr gehofft, dass Krieg nicht mehr wieder passiert.

00:16:50: Das habe ich so gehofft für meine Kinder, für meine Enkelkinder.

00:16:53: Vor allem, wir wissen ja gar nicht, was noch alles kommen könnte.

00:16:56: Also ich hielt es für absolut unmöglich,

00:16:58: dass es in Europa nochmal ein Krieg,

00:17:01: und zwar so ein mittelalterlichen Krieg,

00:17:04: wo Menschen in Mengen getötet werden,

00:17:07: und wo Kultur gut kaputt geht, und Vermögen,

00:17:10: alles geht den Bach runter, ganz Europa leidet drunter,

00:17:13: oder nicht nur Europa, die ganze Welt leidet drunter.

00:17:16: Und wie viele Menschen sterben völlig unnütz,

00:17:20: auch in Russland selbst natürlich nicht,

00:17:23: die das auch bestimmt sich so nicht gedacht haben.

00:17:27: Ich finde es jetzt noch auffällig,

00:17:29: dass sie in Russland jetzt mit China

00:17:31: eigentlich so den Schulterschluss bilden, quasi.

00:17:34: Wir sind auch im Engsten aneinander,

00:17:37: und hatten schon lange Handelsbeziehungen, die gut waren.

00:17:41: Es geht ja doch sehr viel ums Geld immer.

00:17:44: [Musik]

00:17:47: [Musik]

00:18:16: Ja, dann sind Sie 14 gewesen,

00:18:18: wenn ich das richtig ausrechne?

00:18:20: Noch nicht ganz, ja.

00:18:22: Wir kamen im Sommer, und im Herbst wurde ich dann 14, ja.

00:18:26: Ja, genau.

00:18:28: Und wie haben Sie da den Anschluss gemacht,

00:18:30: also kamen Sie dann auch in eine Sekundarschule,

00:18:33: oder eine Ralschule, oder wie war das so?

00:18:35: Das war so, dass der Direktor dieser Schule

00:18:38: erst mal fragte, in welche Klasse sollen wir diese Kinder stecken.

00:18:42: Die haben keine Zeugnisse, man weiß überhaupt nichts.

00:18:46: Und meine Mutter, war ja das Handeln gewöhnt aus China,

00:18:50: und sagte, oh, wir kommen den jetzt ins Schulter.

00:18:53: Gar ein Problem.

00:18:55: Ich muss doch erst mal gucken.

00:18:57: [Musik]

00:19:00: [Musik]

00:19:03: Ja, bei der beherzten Mutter, die da geschaut hat,

00:19:16: dass die Kinder wieder in die Schule kommen.

00:19:18: Also dachte man, man muss handeln mit dem Direktor.

00:19:21: Und sie sagte also, meine Kinder sind hochbegabt,

00:19:24: sehr, sehr intelligent, rein in den Nies.

00:19:26: Und dachte, die muss man jetzt ganz oben ansetzen,

00:19:29: und der Direktor dachte, sie würde jetzt sagen, nein, nein, nein.

00:19:33: So geht das gar nicht.

00:19:35: Die müssen wir ganz unten ansiedeln in irgendeiner unteren Klasse,

00:19:39: wo sie die ältesten sind.

00:19:41: Aber das tat er eben nicht, denn er kannte das Handeln nicht.

00:19:45: Das war ihm völlig fremd.

00:19:47: Und deswegen waren wir dann auch noch die Jüngsten in der Klasse,

00:19:50: meine Schwestern und ich.

00:19:52: Mein Bruder braucht es nicht.

00:19:54: Er hatte nämlich am Schluss noch so ein englisches Examen gemacht,

00:19:58: was man in Shanghai machen konnte.

00:20:00: Der ist nämlich fünf Jahre älter.

00:20:02: Der brauchte keine Schule mehr.

00:20:04: Na jedenfalls kamen wir dann in die Klassen, waren die Jüngsten

00:20:08: und waren sowas von schlecht.

00:20:10: Das können Sie sich gar nicht vorstellen.

00:20:12: Also ich habe gar nichts kapiert.

00:20:15: Und das Eins hier, woran ich gut war, war Deutsch, also Aufsätze schreiben.

00:20:20: Und Engels war ich natürlich auch besser als die anderen.

00:20:23: Ich konnte mich unterhalten,

00:20:25: und die hatten keinen guten Unterricht gehabt,

00:20:27: weil in der ganzen Kriegszeit auch die Lehrer nicht im Ausland waren

00:20:32: und selber schlecht Englisch sprachen.

00:20:34: Das war keine Freude, wie die sprachen.

00:20:36: Deswegen Englisch und Deutsch waren meine Glanzpunkte.

00:20:41: Und sonst aber war ich eine völlige Versagerin.

00:20:44: So etwas wie Sport oder Turlen, wie es früher hieß,

00:20:47: habe ich überhaupt nie gehabt.

00:20:49: Und dass man da so an Bahnen und Dreck und Schwebebalken,

00:20:54: was weiß ich, das fand ich reine Folter.

00:20:57: Und am schlimmsten war Mathematik.

00:21:01: Was ich sowieso nie mochte, auch nicht,

00:21:03: was es meine Mutter unterrichtet hat, war nie mein Ding.

00:21:07: Und dann war eine Katastrophe.

00:21:10: Aber Sie sind dann, also wo sind Sie dann eingestiegen,

00:21:14: also bei der Oberstufwägen oder?

00:21:17: Mit Mittelstufe war das so.

00:21:20: Und dann sind wir aber weg von dort,

00:21:23: weil mein Vater musste ja auch wieder irgendwie einen Job kriegen

00:21:26: und sind nach Bonnbad Goudesberg, was war damals Hauptstadt geworden.

00:21:30: Und mein Vater hat dann dort eine Diplomatenpraxis aufgemacht,

00:21:34: denn er hatte einen Vorteil gegen andere.

00:21:38: Er sprach sehr gut Englisch und Französisch.

00:21:41: Und die Diplomaten fanden das natürlich ganz gut,

00:21:44: wenn sie mit einem Arzt in ihrer Sprache sprechen konnten.

00:21:47: Und dort kamen wir dann wieder in eine andere Schule,

00:21:50: nämlich in eine katholische Nondenschule,

00:21:53: denn es gab nichts anderes.

00:21:55: Und na ja, da habe ich mich dann langsam akklimatisiert

00:21:59: und habe dann auch mit 18 Jahren Abitur gemacht.

00:22:03: Und wie war das so für Sie in einer Nondenschule?

00:22:07: Ich war sehr aufsässig, denn erstes Mal waren meine Eltern

00:22:11: gar nicht katholisch.

00:22:13: Das Rheinland war traditionell ein katholisches Land gewesen,

00:22:16: immer in Deutschland.

00:22:19: Und für Jungs und für Mädchen gab es eben reine katholische

00:22:23: oder evangelische Schulen.

00:22:25: Dann kamen aber so viele Flüchtlinge.

00:22:28: Und die Flüchtlinge waren zum Teil wieder protestantisch.

00:22:31: Die mussten die also auch aufnehmen, wenn es nichts anderes gab.

00:22:34: Also in meiner Klasse waren dann ein Drittel protestantisch,

00:22:37: der Rest war katholisch.

00:22:40: Und das war damals noch wirklich eine Zäsur.

00:22:44: Es gab eine Tanzstunde für die ein und für die anderen,

00:22:47: weil die Mütter auch Angst hatten, ein katholisches Mädchen

00:22:50: könnte vielleicht ein protestantischen Jung irgendwann heiraten wollen.

00:22:54: Und das wäre ganz entsetzlich.

00:22:57: Na ja, meine Eltern waren sowieso nicht religiös.

00:23:00: Also das war jetzt nicht mein Ding.

00:23:03: Aber ich musste bei den Nonnen halt schon irgendwie mit den Wölfen heulen.

00:23:07: Es ging nicht anders. Ich musste mich da irgendwie anpassen.

00:23:11: Ja, also wenn man aufsäßig ist, da gibt es ja meistens Strafen, oder?

00:23:14: Ja, da fliegt sogar. Das gibt es auch.

00:23:17: Zum Beispiel kurze Ärmel im Sommer.

00:23:21: Das war schon sehr sündig.

00:23:23: Und dann gab es als Neustes die Gummigürtel,

00:23:27: die kennen sie gar nicht mehr, was das ist.

00:23:30: In den 50er Jahren, die waren so ganz eng.

00:23:33: Und da vorne noch so ein...

00:23:35: Und das war schick.

00:23:37: Da sah man aus, wie es Karlett O'Hara vom Winde verweht,

00:23:41: also mit so einer Westmitteil.

00:23:43: Und natürlich wollten alle die haben, aber bei den Nonnen

00:23:46: kliess sofort aus.

00:23:48: Ja, und man durfte keine Hosen tragen.

00:23:53: Und ich war das natürlich auch gewöhnt.

00:23:56: Dann kam eine neue aus Berlin, die kam dann mit einem Attest.

00:24:00: Sie hätte eine Nieren- und Blasenkrankheit

00:24:03: und müsste lange warme Hosen tragen, von Arschwegen.

00:24:06: Dann sagten die Nonnen, ja, gut.

00:24:09: Und dann kamen sie mit Hosen und musste ein Rock über die Hosen tragen.

00:24:14: Was später mal auch wieder Mode war, aber damals überhaupt nicht.

00:24:18: Das sah wirklich ganz unmöglich aus.

00:24:20: Und dann hat sie auf einmal keine Blasenkrankheit mehr gehabt.

00:24:23: Sondern kam dann lieber auch im Rock.

00:24:26: Habt ihr da noch eine Freundin gefunden?

00:24:29: Ja, da hatte ich dann Freundin, nicht nur eine Beste

00:24:32: und noch mehrere andere.

00:24:35: Und das ging eigentlich sehr schnell,

00:24:38: dass ich richtig aufblüte mit anderen Mädchen.

00:24:41: Obwohl ich lieber in einer Schule gewesen wäre, die gemischt war.

00:24:45: Das war in dieser allerersten Schule, da in Hessen war das so gewesen.

00:24:50: Da waren auch Jungs dabei, es fand ich eigentlich spannender.

00:24:54: Aber das war nun halt so, ja.

00:24:56: Und dann gab es keine Möglichkeit, in der Freizeit Jungs kennenzulernen.

00:24:59: Doch die Tanzstunde.

00:25:01: Die Tanzstunde war dann, und da waren natürlich alle ganz versessen.

00:25:04: Ich sagte aber schon, die war getrennt.

00:25:06: Die einen waren katholisch, die anderen waren evangelisch oder protestantisch.

00:25:11: Da hatte man dann endlich Kontakt.

00:25:14: Ich hatte aber sowieso ein bisschen mehr Kontakt,

00:25:17: weil ich ja den älteren Bruder hatte.

00:25:19: Und er brachte immer Freunde mit nach Hause.

00:25:21: Aber manche aus meiner Klasse waren in der reinen

00:25:24: Frauengesellschaft aufgewachsen, der Vater im Krieg gefallen.

00:25:27: Und wenn die dann keine Brüder hatten,

00:25:29: dann waren sie nur ganz ein Frauenhaushalt.

00:25:32: Und die taten sich dann auch immer ein bisschen schwer.

00:25:34: Die haben dann die Männer angehimmelt,

00:25:37: das wären das göttliche Wesen und vom anderen Stern.

00:25:40: Das war bei mir nun nicht so.

00:25:42: Für mich waren die eigentlich ganz normale Wesen,

00:25:45: die man auch mal anschnauzen konnte oder so vom Bruder her gewöhnt.

00:25:49: Und verliebt haben sie sich auch?

00:25:52: Ja, und zwar recht schnell.

00:25:54: Zuallererst aus der Tanzstunde einer.

00:25:56: Natürlich in dem Alter verliebt man sich doch unentwicht.

00:25:59: Zuerst einer aus der Tanzstunde.

00:26:01: Und dann aber sein Freund, das war dann später mein Mann.

00:26:07: Der war auch katholisch?

00:26:09: Überhaupt nicht.

00:26:11: Der war evangelisch?

00:26:13: Ja, ich war ja in der evangelischen Tanzstunde.

00:26:16: Deswegen war der allererste.

00:26:18: Der allererste war ja natürlich auch nur so ein kleiner Flirt oder so was.

00:26:22: War jetzt nicht wie heute, dass man gleich ins Bett geht.

00:26:25: Das gab ja auch noch keine Pille.

00:26:27: Und die Eltern waren alle sehr ängstlich.

00:26:30: Es war natürlich in dieser Zeit die größte Angst der Eltern.

00:26:34: Die Mädchen mit 16 hat den falschen Kerl und wird zwanger.

00:26:39: Und es ist Ausbildung alles und eine Sande sowieso.

00:26:43: Auch meine Schwestern und ich, wir hatten dann alle Freunde,

00:26:47: die mussten um 10 Uhr aus dem Haus.

00:26:50: Denn es gab noch den Kuppelparagrafen.

00:26:52: Wer also einem unehlichen Beislaf, wer den fördert oder indultet,

00:26:59: der macht sich strafbar.

00:27:01: Und deswegen fing die Sünde pro 10 an.

00:27:05: Was vorher war, da hat man einen Auge zugedrückt.

00:27:09: Aber um 10 mussten die Jungs wieder das Haus verlassen.

00:27:13: Kam aber dann über den Balkon wieder reingeklettert.

00:27:16: Also wenn man so ihnen zuhört,

00:27:19: tönt es doch relativ unbeschwerbt, so ihrer Jugend.

00:27:23: Ist das so?

00:27:25: Ja und nein, muss man dann immer sagen.

00:27:28: Das ist ja auch so, dass man als junges Mädchen oder als Kind

00:27:32: sehr unglücklich manchmal sein kann.

00:27:34: Und dann wieder aber sehr, sehr fröhlich und verknücht.

00:27:37: Das geht ja auf und ab.

00:27:39: Und gerade dann auch so, im Teen-Aid-Alter spielen die Hormone ja auch

00:27:44: noch eine Rolle, dass man schnell heult.

00:27:47: Ich weiß, dass ich so mit 16, 17 oft grundlos weinen musste.

00:27:51: Und mein Vater war dann immer in großer Sorge und sagt,

00:27:54: immer kannst du mir alles sagen.

00:27:56: Und ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte.

00:27:58: Ich war nur plötzlich so, fand ich alles so traurig.

00:28:01: Und kurz darauf konnte man wieder gackern.

00:28:04: Das ist so.

00:28:07: Bei Mädchen viel mehr als bei Jungen, glaube ich.

00:28:10: Wie ist das mit Ihrem Vater gewesen?

00:28:12: Haben Sie von seinem Beruf etwas mitgekriegt?

00:28:15: Ich fand es seinem Beruf toll.

00:28:17: Ich habe meinen Vater auch sehr bewundert.

00:28:19: Das war ein Mann mit viel Ausstrahlung.

00:28:21: Er ist nur leider früh gestorben.

00:28:23: Er hat sich nicht mitgekriegt.

00:28:25: Er hat sich nicht mitgekriegt.

00:28:27: Er hat sich nicht mitgekriegt.

00:28:29: Er hat sich nicht mitgekriegt.

00:28:31: Er hat sich nicht mitgekriegt.

00:28:33: Er hat sich nicht mitgekriegt.

00:28:35: Er hat sich nicht mitgekriegt.

00:28:37: Er hat sich nicht mit viel Ausstrahlung gestorben.

00:28:40: Er ist nur leider früh gestorben.

00:28:42: Er war 19, dann ist er gestorben.

00:28:44: Es wäre heute wohl auch nicht nötig.

00:28:46: Das war ein Herzinfarkt.

00:28:48: Aber man machte ja in einem normalen Praxis gar kein EKG.

00:28:51: Und er hatte vorher schon mal einen Schlaganfall gehabt.

00:28:54: Es wurde alles nicht richtig auskurriert.

00:28:57: Dann war er mit 50, war er plötzlich tot.

00:29:00: Ich hatte ihn sehr verehrt.

00:29:03: Aber als ich Abitur machte,

00:29:05: fragte er, was wir jetzt eigentlich werden.

00:29:08: Ich möchte gerne treiben.

00:29:11: Ich möchte Medizin studieren, wie du.

00:29:14: Dann sagte er, na ja, gut.

00:29:16: Aber kannst du auch, aber wenn den Leuten wirklich was Ernstes fehlt,

00:29:20: dann gehen sie nicht zu einer Frau.

00:29:23: Und das war zu dieser Zeit, dachte man so.

00:29:27: Man dachte so.

00:29:29: Und mein Vater jahrgang 1900 war zwar jetzt nicht so ein Matloh,

00:29:33: er liebt es seine Töchter und so.

00:29:36: Aber das fand er schon,

00:29:38: das ist nicht so unbedingt ein Mädchenberuf.

00:29:41: Und die sind so empfindlich.

00:29:43: Man muss doch dazu packen.

00:29:45: Es ist oft ekelig und so weiter.

00:29:48: Und die weint doch auch so schnell voller Mitleid.

00:29:51: Er wollte das nicht.

00:29:53: Dann sagte ich, dann möchte ich gerne schreiben.

00:29:56: Dann sagte er, ich habe einen Patienten.

00:29:59: Der ist Chef von Time and Life in Bonn.

00:30:02: Ich habe ihn in die Geschichte.

00:30:04: Und dann wurde ich dann hingeschickt.

00:30:06: Weil die Amerikaner so, vom Tellerwetter zum Millionär,

00:30:09: jeder hat seine Chance.

00:30:11: Ich ging da hin mit meinem Schulenglisch, gerade Abitur gemacht.

00:30:15: Und die Sekretärin sagt, was wollen sie denn hier machen?

00:30:19: Ja, ich will ja Journalisten werden.

00:30:22: So, so.

00:30:24: Ja, aber was mache ich denn jetzt mit Ihnen?

00:30:27: Und dann gehen Sie jetzt erstmal ans Telefon und bedienen Sie das.

00:30:30: Dann kam auch wirklich gleich der Anruf.

00:30:32: Erst mal ein Apparat mit so vielen, vielen Knöpfen,

00:30:35: wie ich ihn gar nicht kannte.

00:30:37: Und dann kam der erste Anruf, ein Korrespondent aus Rom.

00:30:40: Und der sprach ein ganz grauenhaftes Italienisches Englisch

00:30:46: oder Amerikanisch.

00:30:48: Ich verstand überhaupt nur Bahnhof und rief gleich Hilfe, Hilfe, Hilfe.

00:30:52: Na ja, nach einer halben Stunde wurde ich wieder nach Hause geschickt.

00:30:56: Ja, das habe ich gelesen eben, dass Sie da keine Erfolg hatten.

00:30:59: Ich habe gar nicht erst angefangen, irgendwas zu machen.

00:31:03: Aber es war ein Steilpass gewesen, also er hätte nicht die Möglichkeit gegeben.

00:31:08: Das war noch eine ganz blöde Idee.

00:31:12: Was soll man denn da mit gerade Abitur, mit 18 Jahren

00:31:16: und in so einer der größten Redaktionen aus Amerika und so weiter.

00:31:23: Und ein Mädchen, was gerade so in der Schule zwar eine Zweienenglisch hatte

00:31:27: oder eine Eins, aber das doch nicht.

00:31:30: Und da hat man dann Shakespeare gelesen und nicht die Amis gehört.

00:31:35: Hat sie das getroffen, diese Absage oder dieses Erlebnis?

00:31:38: Nein, ich war fast erleichtert.

00:31:40: Denn wie ich dorthin kam, sage ich gleich, das ist nicht meine Welt.

00:31:43: Das war nämlich von so einem Bienenstock

00:31:46: und schon diese Sekretärin war so viel schicker

00:31:49: und hatte Ereignisauto.

00:31:51: Also gegen diese Zeit in Deutschland, wo alles doch viel ärmlicher war,

00:31:56: war das eine ganz andere Nummer.

00:31:59: Ich saß schon gleich irgendwie, da habe ich Angst und da gehöre ich nicht dazu.

00:32:04: War das eine Zeitschrift oder mir sagt das auch gar nicht?

00:32:07: Time and life.

00:32:09: Das war die größte sozusagen Zeitschrift.

00:32:12: Zeitschrift mit Bilder und so.

00:32:14: Ja, ja.

00:32:16: Und ihr habt das auch gelesen zu Hause?

00:32:18: Nein.

00:32:20: Das war ein Patient meines Chefs da, für Bonn, für Deutschland.

00:32:24: War eben ein Patient gewesen.

00:32:26: Und mein Vater hat ihm fragt, kann meine Tochter da, ja, ja, soll sie kommen?

00:32:30: Und dann haben sie angefangen zu studieren?

00:32:33: Genau, dann habe ich studiert und kannte aber schon meinen Mann.

00:32:37: Und wir waren schon dicke und dann starb mein Vater, war kein Geld mehr da

00:32:41: und keine Rente für meine Mutter, weil sie im Ausland gewesen war.

00:32:46: Sie hatten auch Vermögen im Ausland, was aber durch den Krieg weg war,

00:32:51: eingezogen.

00:32:53: Meine Mutter stand auf einmal da, vier Kinder, die alle noch nicht fertig waren

00:32:57: mit der Ausbildung.

00:32:59: Also mein Bruder hat da studiert schon etwas, Jora, aber auch noch längst nicht fertig.

00:33:03: Und ich gerade ein Jahr nach dem Abitur und die anderen noch in der Schule,

00:33:07: kein Geld, keine Rente.

00:33:10: Und meine Mutter sagte dann, ich muss jetzt arbeiten.

00:33:12: Und das hat sie auch auf der Stelle gemacht.

00:33:15: Was hat sie gemacht?

00:33:17: Hat sie Nachtwache gemacht in einem Krankenhaus, weil sie doch ein bisschen

00:33:21: immer so assistiert hatte und davon eine Ahnung hatte.

00:33:24: Und dann hat sie sie noch fleißig, zehn Fingersystem gelernt

00:33:30: und war dann Sekretärin erst in einer Schule und dann in einem Meinungsforschungsinstitut

00:33:36: und ist da direkt etwas aufgestiegen und hat bis 70 noch voll gearbeitet,

00:33:41: damit sie eine Rente bekam.

00:33:44: Also ich muss sagen, die hat keine Minute gehamert.

00:33:47: Das hat sie nie getan, sondern war zwar irgendwie so wohlhabend aufgewachsen,

00:33:54: alles und hat alles geklappt.

00:33:56: Aber wenn es darauf ankam, war die sehr taf.

00:34:00: Und die hat auch so lange gelebt, bis 109.

00:34:03: Nein, das kommt jetzt 107.

00:34:05: 106, ja.

00:34:08: Also das ist ja unglaublich.

00:34:10: Und sie haben sich gepflegt bis zum Schluss.

00:34:12: Mit 90 ist sie hier zu uns gezogen, hier im Zimmer über uns,

00:34:15: hat sie dann gewohnt und zuerst war sie noch ganz fit mit ihren 90 Jahren

00:34:20: und fragte als erstes, was kann ich helfen, wenn ich hier wohne?

00:34:24: Und dann sagte ich, was möchtest du denn?

00:34:26: Ja, kochen auf keinen Fall.

00:34:28: Da hatte sie nämlich die schlechten Erfahrungen,

00:34:31: dass sie eigentlich nicht kochen konnte, als wir nach Deutschland kamen

00:34:34: und die Familie war im Grunde durch China und koch verwöhnt.

00:34:37: Und wir haben alle nur so rumgemäckelt, das hat uns nicht geschmeckt.

00:34:41: Dann hat meine Großmutter gekocht.

00:34:43: Und meine Mutter hat sich auch nicht so viel gemacht aus gutem Essen.

00:34:47: Ich weiß nicht, warum, aber jedenfalls kochen war ihr immer so ein Albtraum.

00:34:53: Und dann sagte ich, ja, also du brauchst auch nicht zu kochen, nicht kocht schon.

00:34:57: Aber was willst du denn?

00:34:59: Garten.

00:35:00: Und dann hat sie im Garten fleißig und viel gearbeitet.

00:35:04: Und dann geschah es eben mit 102, hat sich bei der Gartener Arbeit,

00:35:08: ist sie gestürzt und hat sich das Bein gebrochen.

00:35:11: Und von da ab war sie dann Pflegefall.

00:35:13: Es wurde zwar noch operiert alles, aber sie wurde nicht mehr G-fähig.

00:35:17: Aber ich muss auch wirklich sehr bewundern sagen,

00:35:21: die hat auch dann nicht gejammert, sondern sie saß dann in ihrem Zimmer

00:35:25: und hat Fern geguckt und Puzzle gemacht und Kreuzverträtsel.

00:35:30: Und was weiß ich, also war immer ganz gut beschäftigt.

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